Heilbronn, 16.03.2024 Beim Landesrudertag des Landesruderverbandes Baden-Württemberg e.V. (LRVBW) trafen sich Vorstand und Vereinsvertreter im neuen Bootshaus der Heilbronner RG Schwaben, um über aktuelle Themen des LRVBW, aber auch des Deutschen Ruderverbandes (DRV) zu berichten. Die N!Charta Sport des Umweltministeriums Baden-Württemberg wurde an neun erfolgreich zertifizierte Vereine verliehen.
„Wir Ruderer in Baden-Württemberg können alles, wir können Baden und können Württemberg – und das bald seit 50 Jahren!“ begrüßte LRVBW Vorsitzende Heike Breitenbücher die Teilnehmer und gab damit einen Ausblick darauf, dass der LRVBW im Januar 2026 seinen 50. Geburtstag feiern wird. Der LRVBW hatte die Vertreter seiner Mitgliedsvereine zu einem „kleinen Landesrudertag“ eingeladen, einem Arbeitstreffen zwischen den regulären Landesrudertagen, die alle zwei Jahre stattfinden. Der enge Austausch zwischen Verband und Vereinen war ein Baustein der Strukturreform, die 2021 im LRVBW beschlossen und umgesetzt wurde. „Nach drei Jahren können wir sagen, dass dies eine weitsichtige und kluge Entscheidung der Mitgliederversammlung war. Die Fülle der Herausforderungen kann über diese Struktur gut abgedeckt werden und ich bin dankbar und froh, Vorstandskollegen in den Ressorts zu haben, die über eine hervorragende Expertise in ihrem jeweiligen Fachgebiet - und darüber hinaus – verfügen.“ so Breitenbücher in ihrer Einführung. Breitenbücher blickte auf die brennenden Themen bei ihrem Amtsantritt vor drei Jahren zurück, die zusätzlich zur Pandemie, im LRVBW im Jahr 2021 virulent waren. Dazu gehörte der Nachwuchsleistungssport und ein zukunftsfähiger Strukturplan – die Förderungsampel stand auf „gelb“ statt auf „grün“. „Inzwischen gibt es fünf Landesstützpunkte, eine Konzeption für den Nachwuchsleistungssport, aber auch weitere Hausaufgaben zu der Frage, wie wir Talente im Land fördern und vor allem im Rudersport halten, damit sie ihre großen Ziele auch erreichen können.“ Der Bedarf einer modernen Verwaltung, die Digitalisierung war ein weiterer brennender Punkt, der inzwischen angegangen ist und weitergeführt wird. Dritter wichtiger Punkt für Breitenbücher war das Thema Finanzen. „Als Verband sind wir unseren Mitgliedern, den Vereinen, verpflichtet, dass wir sorgsam mit den uns anvertrauten Geldern umgehen. Inzwischen gibt es eine transparente und vor allem jederzeit aktuelle Buchführung mit Kostenstellen, die für ein verantwortungsvolles Finanzhandeln in einem Verband unabdingbar sind.“
Der Vorsitzende der Heilbronner Rudergesellschaft Schwaben Bernhard Münzing begrüßte als Hausherr die Versammlung im neu gebauten Bootshaus, das idyllisch zwischen Freibad und dem Wertwiesenpark am Neckar in Heilbronn eingebettet ist. Das Thema des Impulsvortrags „Nachhaltigkeit im Sportstättenbau“ war klug gewählt, so berichteten der ausführende Architekt Reiner Zoller von zero Architektur, Untermünkheim und Energie-Ingenieur Sebastian Hillnhütter von cape-ingenieure, Schwäbisch-Hall von den gestalterischen und energetischen Gedanken hinter und um das neue Bootshaus der Ruderschwaben.
Im Anschluss an den Impulsvortrag und passend zum Thema Nachhaltigkeit wurde acht Vereinen und dem LRVBW als Verband die Urkunde des Umweltministeriums Baden-Württemberg zur Zertifizierung gemäß der N!Charta Sport überreicht. Die N!Charta Sport ist eine freiwillige Selbstverpflichtung, die verschiedenen Themenbereiche umfasst: Fairer Sport, Gewinnung von Nachwuchssportlern und Ehrenamtlichen, erfolgreiche Vereins- und Verbandsentwicklung sowie der sparsame Einsatz von Ressourcen im Energiebereich. Ins Ziel gekommen sind folgende Vereine: Stuttgarter RG, Marbacher RV, RV Neptun Konstanz, Mannheimer RV Amicitia, RG Eberbach, Mannheimer RG Baden, Ulmer RC Donau, RC Nürtingen sowie der LRVBW. Der Vorsitzende des Deutschen Ruderverbandes Moritz Petri gratulierte den baden-württembergischen Vereinen zur erfolgreichen Zertifizierung. „Auch beim Umbau und der Erweiterung unserer Ruderakademie in Ratzeburg wurde maßgeblich in die energetische Ertüchtigung investiert.“ so Petri über die Notwendigkeit im Blick auf Nachhaltigkeit zu handeln.
Die Stellvertretenden Ressortleiter berichteten aus ihren Verantwortungsbereichen. Finanzchef Gerhard Reinert gab einen Überblick über die Finanzlage. Der LRVBW steht finanziell auf gesunden Beinen, es konnte in den Boots- und Fuhrpark investiert werden. Unerfreulich waren die Ausgaben für die gestohlenen Motoren, was nicht nur Ersatzkäufe verursachte, sondern auch umfangreiche bauliche und alarmtechnische Sicherungsmaßnahmen am Landesleistungszentrum in Breisach erforderlich machte. Alle Maßnahmen sind inzwischen abgeschlossen. Reinert beschrieb die Umstellung im Finanzbereich auf eine Kostenstellen- und Kostenträger-Rechnung, die wesentliche Bestandteile einer modernen verbandlichen Kostenrechnung sind. Die einzelnen Glieder der Kostenrechnung machen wesentlichen Kostenstrukturen im Verband transparent und sind damit unerlässliche Grundlagen für verantwortungsvolle Verbandsentscheidungen. Reinert bedankte sich bei der LRVBW Geschäftsstellenleiterin Sonja Schmid, die maßgeblich bei der Umstellung des Finanzbereichs mitgewirkt hatte und neben weiteren verbandlichen Aufgaben die Buchführung für den Verband tätigt. Ein wichtiger Punkt für Schmid und Reinert war die Umstellung der Zahlungsverkehre auf Sepa Lastschriftmandat, was sowohl den Vereinen als auch dem Verband die Arbeit erleichtert und den Zeitaufwand beim Überwachen der Zahlungseingänge eliminiert und den Buchungsaufwand deutlich reduziert.
Dass die Voraussetzungen für ein verbessertes Zusammenarbeiten derzeit geschaffen werden und was noch kommen wird, zeigte Frank Kilan, Stellv. Vorsitzender Verwaltung, anhand einer „Roadmap Digitale Transformation“. Kilian ging dabei auf folgende Themenbereiche näher ein: Effektive dezentrale Zusammenarbeit, Qualitätssteigerung, Transparenzschaffung, Dokumentationspflicht und DSGVO, Aufwandsreduzierung zur Kapazitätssteigerung. „Wenn wir den Aufwand für Routinearbeiten reduzieren, so können wir eine Basis für eine zusätzliche Unterstützung unserer Mitgliedsvereine schaffen.“ erklärte Kilian und fügte als Beispiel die anstehende Pflicht zum PSG-Schutzkonzept an, in der auch die Vereine zu eigenen Schutzkonzepten gegen sexualisierte Gewalt verpflichtet werden. Als Mitglied im Digitalisierungsausschuss des DRV ging Kilian auf die aktuellen Projekte, die sich in der Pipeline befinden, ein: Im Wettkampfwesen steht das „Seat-Billing“ an, d.h. auch die Abrechnung von Renngemeinschaften kann direkt mit den Heimatvereinen der Ruderer erfolgen. Anpassungen beim Aktivenpass und Verbesserungen beim Meldeportal sowie die Vorführung der Überlegungen zum cloud-basierten Fahrtenbuch sind weitere wichtige Themen. Kilian forderte Trainer und Funktionäre auf, sich in den Prozess einzubringen, und Rückmeldungen und Anregungen bezüglich der Anforderungen zu geben.
Stellvertretender Vorsitzender Dr. Wolfgang Fritsch verantwortet und leitet den Bereich der Bildung und Sportentwicklung. Fritsch stellte die Mitglieder seines Fachausschusses vor und gab einen Überblick über die Aufgaben des Ressorts: Konzeption der Aus- und Fortbildung von Trainern, Übungsleitern und nicht-lizenzierten Helfern, Organisation und Durchführung der Lehrgänge, Bestellung der Referenten Zusammenarbeit in Bildungsfragen mit dem Deutschen Ruderverband und den Landessportbünden, Lizenzierung (Prüfungen und Lizenzverlängerungen) für verschiedene Aus- und Fortbildungsstufen (inkl. Trainer B), Entwicklung von Konzepten für die Sportentwicklung (Freiwilligenarbeit, Ehrenamt, Organisationsentwicklung in Zusammenarbeit mit DRV und den Landessportbünden, Mitarbeit im Leistungssport-Beirat, Empfehlungen zu sport- und trainingswissenschaftlichen Fragen im Breiten-, Masters- und Gesundheitssport.
Aus Sicht der Vereine als dringlich beschrieb Fritsch folgende Aufgabenstellung: Gewinnung von Trainern sowie genügend qualifizierten Ausbildern in den Vereinen, insbesondere im Breitensport, wo es die größten Mitgliederzuwächse gibt
Der Stellvertretende Vorsitzende für den Bereich Breitensport Wolfdietrich Jacobs gab einen umfassenden Überblick über die vergangenen und zukünftigen Veranstaltungen und Wanderfahrten. Neu, bzw. wieder ins Programm aufgenommen, ist der Hängerfahrkurs (für Inhaber eines gültigen Hangerführerscheins), der den sicheren Umgang mit den Bootshängern vermittelt. Die Breitensport-Veranstaltungen werden gut angenommen. Die Anmeldung zu allen LRVBW Veranstaltungen erfolgt mittlerweile über SAMS. Jacobs wies zusätzlich darauf hin, dass das Einpflegen der Aufgabenträger in SAMS dringend durch die Vereine vorgenommen werden sollte, da damit die Informationen und Newsletter auch zielgerichtet bei den Verantwortlichen in den Vereinen ankommen.
Sascha Hustoles gab als Stellvertretender Vorsitzender Leistungssport einen Ausblick auf die anstehende Saison. Die Arbeit in den fünf Landesstützpunkten läuft in der Regel sehr gut. Dass der Kostendruck bei den Trainingslagern steigt, konnten die Vereine teilweise schon spüren. Die steigenden Kosten in der Jugendherberge und die Verantwortung für den Nachwuchsleistungssport im Land, machen neue Überlegungen notwendig. Hustoles stellte erste Gedanken zu einer möglichen Kooperation Rudern und Kanu am LLZ-Kanu in Mannheim vor. Wichtig war ihm und den LRVBW Vorstandsmitgliedern der Hinweis, dass es bei den Überlegungen nicht um eine Verlegung des LLZ weg von Breisach geht, sondern um eine sinnvolle Ergänzung, um dem Kostendruck zu begegnen und einen weiteren Trainingsstandort z.B. für das Südteam und die U23 Ruderer anbieten zu können. Die Versammlung stellte viele Fragen und gab dem Vorstand den Auftrag, ein Konzept für eine mögliche Kooperation zu entwickeln, um überhaupt eine Basis für eine Richtungsentscheidung zu bekommen.
Seit Sommer 2023 gibt es eine Neubesetzung des Vorstands der Landesruderjugend. Johanna Schmidt, Bjarne Bickenbach und Christina Heinle verantworten nun die Geschicke in diesem Bereich. Schmidt und Bickenbach stellten das Programm für 2024 vor. Ein Baustein ist eine höhere Transparenz und der Austausch mit den Ruderjugendenden der Vereine. Regelmäßige Online-Treffen tragen zum besseren Informationsfluss und zum Wissensaustausch bei. In diesem Jahr stehen folgende größere Aktionen an: Bundeswettbewerb der Jungen und Mädchen in Berlin-Grünau, die Ausbildung zum Trainerassistenten in Breisach, der Athletiklehrgang in Steinbach sowie die Sommer- und Wintertalentiade. Neu im Programm ist die Kinder- und Jugendfreizeit Ende der Sommerferien in Heidelberg.
Der Vorsitzende des Deutschen Ruderverbandes Moritz Petri war nicht (nur) zur Überreichung der N!Charta Sport Urkunden beim Landesrudertag in Heilbronn, sondern hatte die Aufgabe übernommen, von der schwierigen finanziellen Lage des Spitzenverbandes zu berichten und den Antrag auf Beitragserhöhung auf dem Rudertag im Herbst in Halle/Saale den anwesenden Vereinsfunktionären zu begründen.
Der nächste Landesrudertag findet am 22. März 2025 bei der Rudergesellschaft Eberbach statt. LRVBW Vorsitzende Breitenbücher dankte den Gastgebern aus Heilbronn in diesem Jahr sowie den zukünftigen Gastgebern aus Eberbach für das nächste Jahr und schloss die Versammlung mit den Worten, dass nur der Mensch/Verein/Verband Ziele entwickeln kann, der auch Visionen hat. „Die Zukunft kennt niemand und trotzdem müssen wir uns für die Zukunft aufstellen.“
Text: Heike Breitenbücher
Fotos: Andreas Keller, Dr. Wolfgang Birkner
veröffentlicht am Samstag, 23. März 2024 um 10:50; erstellt von Breitenbücher, Klaus
letzte Änderung: 10.04.24 16:27